Geographische Charakterisierung - Heiligenkirchen

Direkt zum Seiteninhalt

Geographische Charakterisierung

Veranstaltungsarchiv

Heiligenkirchen - eine geographische Charakterisierung

(schriftliche Ersatzarbeit im Rahmen des landeskundlichen Seminars NRW
im Wintersemester 2000/2001 bei Dr. phil. Georg Römhild, Universität Paderborn)
von Birger Meierjohann
im 1. Semester Geographie / Tourismus


1. Lage von Heiligenkirchen


Heiligenkirchen ist ein der lippischen Stadt Detmold zugehöriger Ortsteil. Der Ortskern liegt auf 8°52‘19 östlicher Länge und 51°54‘35 nördlicher Breite, knapp 3 km Luftlinie südlich von Detmold ( Marktplatz ). Der Ort liegt auf ca. 140 m Höhe über NN im Tal der wenige Kilometer südlich am Falkenberg im Teutoburger Wald entspringenden Berlebecke an deren Zusammenfluss [ laut TK 25 heißt der Bachlauf ab diesem Zusammenfluss „Knochenbach“, in der Realität wird aber fast ausschließlich weiterhin der Name „Berlebecke“ gebraucht ] mit der von Südosten kommenden Wiembecke, deren Quellbäche im Gebiet der Externsteine bei Horn-Bad Meinberg entspringen. Der Zugang nach Detmold im Norden entlang der Berlebecke wird durch die 386 m hohe Grotenburg im Westen und den 220 m hohen Königsberg im Osten flankiert. Im Osten bildet das Tal der Wiembecke zwischen Wellnerberg im Norden und dem Wallberg im Süden den Grenzbereich zum etwa einen Kilometer entfernten Örtchen Hornoldendorf. Im Süden wird das Tal der Berlebecke durch den 325 m hohen Hahnberg im Westen und den Wallberg im Osten flankiert. Denkt man sich eine Gerade, welche diese beiden Berge schneidet, würde sie ungefähr die Grenze zu Berlebeck bilden. Im Talkessel zwischen dem Hahnberg, dem Hellberg ( 346 m ) und der Grotenburg liegt ca. einen Kilometer südwestlich des eigentlichen Ortskerns am Silberbach, einem weiteren Zufluss der Berlebecke, ein räumlich betrachtet eigenständiger Siedlungskern Heiligenkirchens, der Schling.

Heiligenkirchen liegt an der Kreuzung der Paderborner Straße, welche Detmold im Norden mit Berlebeck im Süden und schließlich mit der den Teutoburger Wald in Richtung Oesterholz / Schlangen überquerenden Gauseköte verbindet, und der von Horn kommenden Externsteiner Straße, welche als Denkmalstraße durch Heiligenkirchen / Schling bis zum Hermannsdenkmal weiterverläuft.

2. Geschichte (nach Wendt: „Amt Falkenberg“)


Schon in sächsischer Zeit wurden die Einzelhöfe Wantrup, Watermeier, Köllermeier und Tötemeier gegründet. Nahe Wantrups lag der Thingplatz, der Volksgerichtsplatz; im Tal der Berlebecke, sowie an den Hängen der Grotenburg wurden „Hünenringe“, Befestigungsanlagen, errichtet, deren Überreste an der Grotenburg noch immer vorzufinden sind. Die Gründung des Ortes hängt mit der Gründung der Kirche zusammen: Der Sage nach wurde die Kirche im Jahre 783 vom Frankenkaiser Karl dem Großen gegründet, welcher einer alte Heerstraße folgte, die sich von Paderborn über die Gauseköte, entlang der Berlebecke und dann über den Königsberg hinüber nach Detmold erstreckte. Sein Ziel war, gegen die von Widukind angeführten Sachsen in den Krieg zu ziehen, welcher die Hinrichtung von 4500 Sachsen in Verden durch Morde und Plünderungen in bereits christianisierten Gebieten zu rächen versuchte. Auf dem Königsberg soll es zu einer Schlacht zwischen beiden Heeren gekommen sein, welche zu Widukinds Gunsten auszugehen drohte, bis Karl Gottes Beistand erbat, da er schließlich im Namen Christi kämpfte. Daraufhin wendete sich das Blatt und es gelang Karls Truppen, das gegnerische Heer vernichtend zu schlagen. Zum Dank ließ Karl auf dem Berg die Kapelle zur „Heiligen Hülfe“ errichten, welche wenige Jahre später, wahrscheinlich schon vor 795, nach unten ins Tal an einen strategisch bedeutenderen Punkt versetzt wurde, nahe der Kreuzung der Heerstraße Paderborn-Detmold mit einer zweiten, welche an der Wiembecke entlang von Hornoldendorf  kam, und sich hier in zwei Stränge gabelte, von denen einer Richtung Grotenburg und der andere Richtung Hiddesen führte. Die Kapelle wurde im 11. oder 12. Jahrhundert abgetragen und im romanischen Stil als Wehrkirche neu aufgebaut.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Heiligenkirchen in zwei Urkunden  aus den Jahren 1015 und 1036, welche Landverkäufe zu „Halogankircan“ dokumentierten.

In den Kriegen zwischen 1407 und 1409 wurde das romanische Schiff der Kirche zerstört, aber schon wenige Jahre später im gotischen Stil wieder errichtet.

Ende des 16. / Anfang des 17. Jahrhunderts hielt die Reformation Einzug in Lippe, so dass auch Heiligenkirchen unter dem Einfluss des Grafen Simon VI. zur Lippe reformiert wurde.

Vom 14. bis ins 17. Jahrhundert hinein schwankten die Bevölkerungszahlen um lediglich 130 bis 160 Einwohnern. Erst die Volkszählung von 1769 zeigt einen Umschwung auf, es wurden 224 Einwohner gezählt. Bald darauf, im Jahre 1800 wurde erstmals eine Straße durch das sumpfige, bisher unpassierbare Tal der Berlebecke Richtung Detmold gebaut. Die Bevölkerung vermehrte sich bis 1828 auf 344 Einwohner, Heiligenkirchen begann somit, sich von einem Haufen Einzelhöfe zu einem Dorf zu entwickeln.

3. Einwohnerzahlentwicklung von 1875 - 2001:


Jahreszahl          
Einwohner                         Quelle
1875                      
624                              Wendt: Amt Falkenberg
1933                    
1491                              Wendt: Amt Falkenberg
1939                    
1627                              Wendt: Amt Falkenberg
1946                    2186                              Wendt: Amt Falkenberg
1950                    
2352                              Wendt: Amt Falkenberg
1960                    
2690                              Wendt: Amt Falkenberg
1987                    
3737                              LDS Volkszählung 1987
2001                    
3680                              Stadt Detmold/Bürgerberatung

Im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl Heiligenkirchens sprunghaft an. Innerhalb der Jahre 1875 und 1933 wuchs die Bevölkerung um mehr als das doppelte. Der zweite Weltkrieg bremste das Wachstum. In den Nachkriegsjahren wuchs die Bevölkerung weiter kontinuierlich. Um das Jahr 1970 herum müsste die Einwohnerzahl erstmals die 3000er-Grenze überschritten haben. Heiligenkirchen entwickelte sich in diesem Zuge aufgrund seiner ruhigen aber dennoch zentralen Lage zwischen Detmold, Horn und der Gauseköte zu einem beliebten Wohnvorort Detmolds mit nunmehr 3680 Einwohnern.

4. Beschäftigtenzahlen ( 1987)


Land- und Forstwirtschaft, Fischerei                 
22        1,3 %
Produzierendes Gewerbe                               
548     32,6 %
Handel und Verkehr, Nachrichtenübermittlung   
245     14,6 %
Übrige Wirtschaftsbereiche                            
867     51,5 %
Erwerbstätige                                            
1682     94,3 %
Erwerbslose                                                
101      5,7 %

12 Beherbergungsbetriebe, darunter 2 Hotels, 1 Gasthof, 2 Privatvermieter, sowie 7 private Ferienwohnungen mit zusammen 89 Betten, von denen allein 39 auf das Hotel Achilles und 16 auf das Hotel Idyll entfallen

( errechnet nach „Gastgeberverzeichnis 2001“ der Stadt Detmold ) .

Die Gästebettenauslastung liegt nach Angaben der Hotels Achilles und Idyll, welche als einzige Unterkünfte im Ort mit mehr als 8 Betten Statistiken zu führen haben, derzeit im Jahresschnitt bei ca. 45%.   Die Gästebettenauslastung schwankt jedoch im Jahresverlauf stark, so dass beispielsweise im Dezember 2000 Auslastungen von nur rund 10 % zu verzeichnen waren.

Übernachtungsgäste verbringen, ebenfalls Angaben der beiden Hoteliers zufolge, im Schnitt 1,8 Nächte in Heiligenkirchen. Der größte Anteil der Besucher Heiligenkirchens besteht jedoch aus Tagesgästen, welche touristische Ziele in der Region besuchen und die Gastronomie in Anspruch nehmen, allerdings in Form von Tagesausflügen ohne Übernachtung

5.2. Touristische Anziehungspunkte


5.2.1. Hermannsdenkmal


Die bekannteste Sehenswürdigkeit der Region ist das 54m hohe Hermannsdenkmal, welches in den Jahren 1838 bis 1875 von Ernst von Bandel auf der Grotenburg zwischen Heiligenkirchen und Hiddessen erbaut wurde. Es erinnert an die angeblich hier im Jahre 9 n. Chr. stattgefundene Varusschlacht, in welcher Hermann der Cherusker die von Quintilius Varus angeführten Römer vernichtend geschlagen haben soll ( nach Kuhnke: „ Lippe-Lexikon“ ).

Allerdings deuten seit 1989 durchgeführte Ausgrabungen des Osnabrücker Professor Dr. Schlüter bei Kalkriese darauf hin, dass die Varusschlacht dort und nicht hier im Lipperland stattgefunden hat ( nach www.varusforschung.de
).

Der Grund der Erbauung des Denkmals war jedoch weniger die Erinnerung an diese Schlacht, sondern vielmehr eine provokante Demonstration deutschen Nationalstolzes und Kampfesgeistes gegenüber dem „Erbfeind“ Frankreich, in dessen Richtung die Statue blickt.

Nichts desto trotz ist das Hermannsdenkmal mit jährlich ca. 500.000 Besuchern eines der meistbesuchtesten Denkmäler Deutschlands.

5.2.2. Vogelpark Heiligenkirchen


Am Fuße der Grotenburg, an der Denkmalstraße, welche das Hermannsdenkmal mit Heiligenkirchen verbindet, liegt im sogenannten Schling der seit 30 Jahren bestehende Vogelpark, welcher in 120 Volieren 2000 einheimische und exotische Vögel aus allen Erdteilen beherbergt.

Im Jahr 2000 konnte der Vogelpark 119.600 Besucher verzeichnen ( nach Angaben des Vogelparks ).

5.2.3. Adlerwarte Berlebeck


Diese thematisch verwandte Einrichtung liegt wenige Kilometer entfernt, im ebenfalls zu Detmold gehörendem Ortsteil Berlebeck. Es handelt sich hierbei um die 1939 gegründete, älteste und größte Greifvogelwarte Europas, welche 160 Greifvögel aus 44 verschiedenen Arten hält.

Als besondere Attraktion gelten die täglichen Freiflugvorführungen. Die Adlerwarte Berlebeck wurde im Jahre 2000 von 118.000 Gästen besucht ( nach Angaben der Adlerwarte ).

Das Programm „Der Fliegende Hermann“ vermarktet diese drei Ziele, indem es ein um 40% günstigeres Pauschalticket für Adlerwarte, Vogelpark und Hermannsdenkmal bietet.

5.2.4. Westfälisches Freilichtmuseum


Als weiteres weiträumig bekanntes touristisches Ziel liegt es zwischen Heiligenkirchen und Detmold, an der Nordwestflanke des Königsberges. Die Einrichtung des Freilichtmuseums wurde 1966 begonnen und es wurde 1971 eingeweiht. Auf einer Fläche von 100ha wurden etwa 90 historische Gebäude aus dem westfälischen Raum naturgetreu wiederaufgebaut (nachdem sie an ihrem ursprünglichen Ort Stück für Stück abgebaut und ins Museum transportiert wurden). Dem Besucher wird somit das dörfliche Wesen Westfalens vom 16. bis ins 19. Jahrhundert nähergebracht. ( nach Kuhnke: „Lippe-Lexikon“ ).

5.2.5. Externsteine


In Holzhausen, schon auf Horn-Bad Meinberger Stadtgebiet, ca. 6 km südöstlich von Heiligenkirchen liegt am Fuße des Bärensteins diese 13-köpfige Gruppe 20-38 m hoher Sandsteinfelsen. Angeblich waren die Felsen in vorchristlicher Zeit ein germanisches Heiligtum, was jedoch nicht bewiesen ist. An der Ostseite des ersten dieser Felsen befindet sich aus christlicher Zeit ein um 1120 eingemeißeltes 5 m breites und 4,8 m hohes Felsrelief, welches die Abnahme Jesu vom Kreuz darstellt.

( nach Wendt: „Amt Falkenberg“ )

5.3. Bewertung


Heiligenkirchen wurde bereits kurz vor der Jahrhundertwende zu einem beliebten Ausflugsziel, einer „Sommerfrische“ im Teutoburger Wald. Aus dieser Zeit stammen der Falkenberger Hof in der Ortsmitte, der Gasthof „Zur Lippischen Schweiz“ an der Denkmalstraße im Schling, sowie das ehemalige Hotel Friedrichshöhe.

Damals waren das Hermannsdenkmal und die Externsteine spektakuläre Anziehungspunkte, verbunden mit der Naturlandschaft  des Teutoburger Waldes.

Durch die Einrichtung der Adlerwarte, des Vogelparks und des Freilichtmuseums ist die Attraktivität Heiligenkirchens noch weiter gestiegen, insbesondere als Tagesausflugsziel.

Die Nähe zum Kneippkurort Hiddesen, zu Holzhausen, zum Staatsbad Meinberg, sowie zur Stadt Detmold führt jedoch dazu, dass sich die Übernachtungen in der Region verteilen, und die Hotellerie stagniert.

Der Falkenberger Hof und das Gasthaus „Zur lippischen Schweiz“ sind heute Restaurants, beherbergen also keine Gäste mehr, das Hotel Friedrichshöhe hat vor wenigen Jahren ganz geschlossen. Nachtrag: Falkenberger Hof und der Gasthof "Zur LippischenSchweiz" sind heute ebenfalls keine Gastronomiebetriebe mehr.

6.) Literatur

1.)  Wendt, Hermann: „Amt Falkenberg“; Verlag F.L. Wagener/Lemgo; 1965

2.)  Kuhnke, Christian: „Lippe-Lexikon“, Boken Verlag/Detmold; 1. Auflage, November 2000

3.)  Heimat- und Verkehrsverein Heiligenkirchen (Hrsg.): „Heiligenkirchen - Ein Streifzug durch die Vergangenheit“, Geiger-Verlag/Horb am Neckar; 1. Auflage 1989

4.)  Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW (Hrsg.): „Bevölkerung und Privathaushalte sowie Gebäude und Wohnungen, Regierungsbezirk Detmold“; Band 6.1.4 aus der „Sonderreihe zur Volkszählung 1987 in NRW“, Düsseldorf, Dezember 1990

5.)  Stadt Detmold/Tourist Information (Hrsg.): Broschüre „Gastgeberverzeichnis 2001“

6.)  Stadt Detmold/Tourist Information (Hrsg.): Brosch. „Ihr Wegweiser durch Detmold“, Jan. 2001

Zurück zum Seiteninhalt